
„Schuster, bleib bei deinen Leisten“, so lautet ein bekanntes Sprichwort. Würde man sich das zu Herzen nehmen, so hätte es die gestrige Theateraufführung im Foyer des Sportgymnasiums nicht gegeben.
„Die Nacht nach der Abschlussfeier“, so lautet der Titel einer Novelle des russischen Autors Wladimir Tendrjakow. Der Grundkurs Deutsch der A 22 hatte sich im Deutschunterricht entschieden, diese Novelle im Rahmen eines Unterrichtsprojektes zu dramatisieren und vor Publikum aufzuführen. Die Sportschüler schauten also über ihren sportlichen Tellerrand hinaus und führten das oben aufgeführte Sprichwort somit ad absurdum.
Etwas mehr als drei Monate dauerte die Arbeit an diesem Stück. Da wurde um jede Textstelle debattiert, ehe sie Eingang in das Rollenbuch fand, war man auch verzweifelt, den oft sperrigen Ausgangstext zu bändigen. Auch während der Proben wurde weiter am Text gefeilt, die Endfassung entstand so erst in der Woche der Aufführung, nun betitelt mit „Die Nacht nach der Entlassung“.
Dann war es endlich soweit: Das Foyer im Sportgymnasium stellte für die Jugendlichen die Bretter dar, die die Welt bedeuteten. Vor etwa 50 Zuschauern erlebte das Stück seine Premiere, entfalteten Bettina, Lucy, Tim, Robin, Richard, Daniel, Amelie, Anna, Cora und Henriette die verschiedensten Charaktere von Lehrern und Schülern, die sich in unterschiedlichen Welten gegenüber stehen: die Jugendlichen bei einem Treffen ihrer Clique nach der Abiturfeier, die Lehrer im Lehrerzimmer der Schule.
Nach 12 Jahren Schule, so der Text, zieht man Bilanz über den gemeisterten Lebensabschnitt und sollte eigentlich glücklich und zufrieden sein. Nicht so die Jahrgangsbeste, Julia, die in einer ehrlichen Dankesrede gesteht, dass sie völlig orientierungslos ins Leben geht, da sie in ihrer Schulzeit nicht gelernt habe, worin eigentlich ihre Fähigkeiten liegen.

Diese Rede führt unter den Lehrern zu erhitzten Debatten über pädagogische Konzepte, es treten Konflikte zutage, die bisher unter der Oberfläche gehalten wurden.


Parallel zu den Kontroversen im Lehrerzimmer fliegen auch unter den Schülern die Fetzen, als sich Freundschaften als Zweckbündnisse erweisen und eine offensichtlich zarte Liebesbeziehung sich als vollkommen gestört offenbart.


75 Minuten wurde so ein Feuerwerk an spannenden Dialogen auf zwei Ebenen geliefert, von dem die Zuschauer so angetan waren, dass der Beifall kaum enden wollte – eine spannende Erfahrung für die Schüler, die kleine Theaterszenen sonst nur im Klassenzimmer innerhalb ihres Kurses zelebrieren mussten.
Nachdenklich wurde man mit der Frage in den Abend entlassen, was soll oder muss Schule leisten, damit junge Abiturienten mit Geistes – und auch Herzensbildung das vor ihnen liegende Leben meistern können.
Geplant sind zwei weitere Aufführungen, am 29. März und am 1 April. /am